Brainpower vs. Copy & Paste
am von Alexander Wörndl • @woerndl
Foren, Wikis und Frage-Antwort-Portale erleichtern unsere Arbeit ungemein. Das Internet ermöglicht es uns die Hilfe von Fremden 24/7/365, oft kostenlos, in Anspruch zu nehmen. Und wir bezahlen mit unserer eigenen Lösungskompetenz.
Sobald ich auf ein Problem stoße, kann ich mein Gehirn oft dabei beobachten, wie es versucht Energie zu sparen. Statt mir einen Moment Zeit zu nehmen und zu überlegen was ich eigentlich erreichen will bzw. wo der Haken liegen könnte, ertappe ich mich ganz automatisch dabei ein Browser-Fenster zu öffnen und zu suchen. Häufig dauert die Suche wohl genauso lange, wie die Lösung mit anderen Mitteln gedauert hätte.
Copy & Paste ist bequem, wir machen es jeden Tag. Es ist Teil unserer Arbeit.
Wie oft habe ich schon das selbe Code-Snippet gesucht, kopiert und eingefügt. Manches Script bleibt dabei ein Hexenwerk, weil ich mich nie damit befasst habe, wie es im Kern funktioniert. Und nächstes Mal suche ich wieder danach, weil ich dachte „das brauche ich nie wieder“. Für einige Snippets, die ich wirklich häufig verwende, habe ich mittlerweile zumindest einen Katalog angelegt.
Es geht uns doch allen ähnlich. Das Ergebnis ist, dass wir nicht besser darin werden strukturiert zu denken und unsere Probleme in Teilstücke zu zerlegen um sie zu lösen, sondern gut darin nach Fragen zu suchen und Strg + C zu drücken.
Wenn wir es schaffen unsere Gehirne häufiger davon überzeugen, dass es Spaß macht Probleme zu lösen, können wir es im Anschluss auch häufiger mit den Glücksgefühlen belohnen. Überzeugen wir unsere Gehirne davon, dass sie zum Entdecken, Spielen und Learning-by-doing gemacht sind. Auch wenn wir einfach nur die Deadline einhalten möchten oder das Projektbudget schon derart überzogen ist, dass wir eigentlich kein einziges Watt Hirnleistung mehr investieren dürften.
Das bedeutet natürlich nicht, dass wir aufhören sollten Entdeckungen zu teilen, unsere eigenen Lösungen zu verbessern und zu erkunden wie andere arbeiten. Seiten wie das Stack Exchange Netzwerk, Github, Coderwall oder Codepen machen die rasante Weiterentwicklung erst möglich. Und diese Weiterentwicklung ist größtenteils positiv. Auch wenn sie uns manchmal überfordert. Und ja, auch unsere Themes sind eine Abkürzung, die bewusst eingesetzt werden sollte. Wie jede Art von vorgefertigter Lösung.
Es ist genauso gekommen, wie Tim Berners-Lee es auf der ersten Website angedacht hatte.
The WorldWideWeb (W3) is a wide-area hypermedia information retrieval initiative aiming to give universal access to a large universe of documents. — Tim Berners-Lee
Ein relativ großer Teil der Menschheit hat bereits heute Zugriff auf einen Ozean an Inhalten, viele weitere folgen täglich. Mengenmäßig gesehen entstanden praktisch alle Texte, Inhalte und Bilder, die je geschaffen wurden in den letzten paar Jahren. Fast eine Million neue Websites kommen Tag für Tag dazu. Milliarden an Forenbeiträgen werden täglich erstellt und beantwortet.
Doch nur 8% der Stack Overflow Nutzer beantworten mehr als 5 Fragen und gehören damit zu der Gruppe, die aktiv zu Lösungen beiträgt (Quelle). Nach der 1%-Regel, sind 90% der Internetnutzer reine Zuschauer, 9% editieren bzw. partizipieren und nur 1% Prozent schafft aktiv neue Inhalte (Quelle). Die Zahlen lassen sich auf die meisten Foren umlegen. Dabei ist es gar nicht zwangsweise nötig noch mehr Inhalte zu verfassen, wir müssen nur öfter von der Zuschauerbank aufstehen.
Entscheiden wir uns bewusst dafür unsere Gehirne öfter aus dem Energiesparmodus zu holen, um gemeinsam Probleme zu lösen. Geben wir nicht auf, wenn etwas nicht auf Anhieb funktioniert. Wir schulden es uns und unserer (beruflichen) Zukunft. Je größer das Problem, desto größer die Belohnung, wenn wir es lösen.